Sexuelle Identität, Geschlechtsidentität und Gender-Identität sind synonyme Begriffe, sie meinen das Gleiche.
Die Geschlechtsidentität hat mit mir selbst zu tun: Unabhängig davon, ob mir bei der Geburt das männliche oder das weibliche Geschlecht zugeordnet wurde:
Als was nehme ich mich wahr: Als Frau? Als Mann? Als Person, die sich nicht als Mann, aber auch nicht als Frau fühlt, oder irgendwo dazwischen? Willkommen in einer Welt außerhalb des Zwei – Geschlechter – Systems 🙂
Nichtbinäre oder trans* Personen fühlen und wissen schon in der Kindheit ein Unwohlsein mit ihrem Körper und der ihnen zugesprochenen Geschlechtsidentität. Das zeigt, dass diese Personen nicht bewusst entschieden haben können, nichtbinär oder transident zu sein. Die Wissenschaft forscht daran, es gibt Anzeichen dafür, dass es sich um seltene Genvariationen handelt, psychosoziale Faktoren spielen aber auch eine Rolle (Quelle: Vortrag Dr. Breitenecker https://teampraxis.wien/, auf der Pride Konferenz in Wien, Juni 2024).
Um eine Größenordnung zu erhalten, um wie viele Personen es sich hierbei handelt, ein paar Zahlen (die Datenlage ist nicht sehr gut, da es noch sehr wenige Studien über diese Personen gibt):
Es wird geschätzt, dass ungefähr 0,6 Prozent der Bevölkerung genderdivers, also nichtbinär sind. Das wären in Österreich ca. 50.000 Personen. Ungefähr 8.000 Personen davon sind transident, können sich also nicht mit dem biologischen Geschlecht identifizieren, das ihnen zugeschrieben wurde.
Ganz wichtig: Meine Geschlechtsidentität sagt nichts über meine sexuelle Orientierung aus! Das sind 2 völlig unterschiedliche Dinge.
Die sexuelle Orientierung beschreibt, zu welchen Personen / Geschlechtern ich mich hingezogen fühle (Heterosexuell, Homosexuell, Bisexuell, Pansexuell, Asexuell, etc.)
Und auch ganz wichtig in die andere Richtung: Die sexuelle Orientierung sagt nichts über meine Geschlechtsidentität aus!
Also: Es gibt nicht nur die binäre und heteronormative Welt von Männern und Frauen! Da ist so viel dazwischen – und jenseits davon. Das sind keine „Abweichungen“ oder „Störungen“ – das sind Normvarianten. Es zeigt die Vielfalt des menschlichen Daseins, das selbstbestimmt gelebt werden soll und das ist gut so.
Geschlecht ist ein Spektrum (Lydia Meyer, Die Zukunft ist nicht binär, Hamburg 2023).
Es gibt wahrscheinlich so viele Varianten von Geschlechts – oder Gender-Identitäten, wie es Personen gibt, die sich nicht (nur) als Frau oder nicht (nur) als Mann wahrnehmen.
Nichtbinär (auch: nonbinär, englisch: nonbinary) ist ein Sammelbegriff für diese Personen, die sich nicht in dieses (zu einfache und deshalb nicht brauchbare) binäre System: Mann – Frau einordnen lassen können und wollen.
Es gibt Personen, die kommen klar damit, dass sie jenseits des binären Geschlechtssystems leben. Aber da sind so viele, die damit Probleme haben. Wichtig: Nichtbinär oder transident zu sein, ist keine Krankheit!!! Psychische und gesundheitliche Einschränkungen können aber als Begleiterscheinung auftreten. Das wird
- Geschlechts-Inkongruenz (=mangelnde Übereinstimmung, keine Erkrankung) oder
- Geschlechts-Dyspherie genannt (=Störung des emotionalen Erlebens [ohne Krankheitswert]; ängstlich-bedrückte, traurige, mit Gereiztheit einhergehende Stimmungslage).
Nichtbinäre oder transidente Personen fühlen sich nicht wohl, ziehen sich zurück und sind oft sozial isoliert, armutsgefährdet und haben Depressionen, bis hin zu Suizidgedanken.:
Tatsächlich ist die Suizidgefahr sehr hoch, Studien gehen von bis über 50% aus. Deshalb ist es so wichtig, dass diesen Personen geholfen wird, dass ihr Leiden ernstgenommen wird.
„Leider es ist keine Selbstverständlichkeit, geschlechtlich so frei leben zu dürfen, wie es aus dem Empfinden ruft und bittet.“ (Zitat Annette Güldenring) https://www.annette-gueldenring.com/
Für alles gilt: Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Es gibt kein Entweder – Oder (zum Beispiel: Mann oder Frau – sonst nichts). Es darf sowohl als auch geben! Und: Alles ist OK und normal (was ist eigentlich normal?). Solange es sich für mich gut anfühlt und solange es anderen Personen nicht schadet.
„The sexual signs at birth and the gender that you are taught to be should not determine how you live your life.“ Aus einem Video mit Judith Butler (13 Min.) https://www.youtube.com/watch?v=UD9IOllUR4k
Quellen:
Umfrage der in Wien ansässigen EU-Agentur für Grundrechte zur Situation von LGBTIQ – Personen:
https://fra.europa.eu/en/publication/2024/lgbtiq-crossroads-progress-and-challenges